Der Kinderarzt Dr. med. Eduard Friedrich von Pander hatte 1872 - aus Petersburg kommend - auf anraten vom Frankfurter Mediziner Dr. Johann Friedrich Moritz Schmidt-Metzler (1838-1907) eine Pneumatischen Heilanstalt mit Pneumatischer Glocke, in seiner Klinik in Frankfurt am Main, Reuterweg 12 errichtet.
Zur Funktion dieser medizinischen Technik schreibt der Kinderarzt: Von Hofrath Dr. E. von PANDER. Nachdem ich meine ärztliche Praxis in St. Petersburg aufgegeben, habe ich am 16. November 1872 auf Veranlassimg des Herrn Dr. med. Moritz Schmidt-Metzler die obenbezeichnete Heilanstalt ins Leben gerufen. Ihre Lage ist eine ässerst güstige: in einem der besten Theile der Aussenstadt (Reuterweg No. 12) nahe am Bockenheimer Thore, in einer sehr wenig befahrenen staubfreien Sackgasse. Das einstökige Haus, welches nur für die Anstalt bestimmt ist, hat einen Garten von ca. 10 000 Quadratfuss, ist fast auf allen Seiten von Gärten umgeben und liegt dem grossen ROTHSCHILDエschen Parke gegenüer. Die Communication zu demselben ist durch die Nähe des Droschken-Halteplatzes und durch die ganz nahe vorüerführende Trambahn eine sehr angenehme. Das Innere der Anstalt ist so eingerichtet, dass im Parterrestock ausser den Sprechzimmern des Dirigenten sich noch ein Wartezimmer, ein geräumiges Zimmer für die beiden Apparate (Glocken) und ein Maschinenraum befindet. Der Kniestock wird vom Maschinisten bewohnt und ist das Zimmer über den Glocken für das einfallende Oberlicht reservirt; am Abend werden die beiden Cabinette ebenfalls von oben, aus demselben Raum, durch Gaslicht erleuchtet. Der Apparat bildet ein aus starkem Eisenblech construirtes rundes Gemach von 2 m Durchmesser und 2 1/2 m Höhe, in welchem bequem 3 Personen Platz finden.
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Das Oberlicht gibt hinreichende Beleuchtung, ein Fenster an der Seite dient zur Beobachtung der Kranken und ein an die Kammer angeschraubter Kasten mit doppeltem luftdichten Verschluss vermittelt den Verkehr nach Aussen, ermöglicht z. B. das Hineinreichen von Erfrischungen, Zeitungen etc. Ausserdem befindet sich ein Krahnen in der unteren Hälfte der Glocke, an welchem ein Gummischlauch mit einer Waldenburgischen Maske befestigt ist, um dadurch den Patienten, welchen das Ausathmen in verdünnter Luft verordnet ist, dieses zu ermöglichen.
Für Erwärmung und Abkühlung der Luft nach Bedürfniss ist Sorge getragen. Bevor die Luft in den Apparat eintritt, durchströhmt sie eine dichte Baumwollenschicht, wodurch etwaige Unreinigkeiten, wie kleine Staubtheile, zurückgehalten werden, so dass die Luft nur in vollkommen reinem Zustande eintreten kann. Ein Manometer zeigt die Höhe des Luftdruckes an und ein Sicherheitsventil verhindert denselben, über das gewünschte Maass hinauszugehen. Eine Locomobile setzt eine doppelt wirkende Luftpumpe in Bewegung, welche ein vollkommen ausreichendes Quantum Luft dem Patienten liefert. Die rationelle Wirkung dieser Methode erhellt aus der Thatsache, dass man in die Luftröhre und ihre Verzweigungen, wie auch in jedes einzelne Lungenbläschen direct nur durch Luft ankommen kann. Durch das Einathmen der verdichteten Luft unter dem Drucke einer halben Atmosphäre führen wir den Lungen nicht nur eine grössere Menge von Sauerstoff zu, sondern contrahiren zugleich dadurch die erweiterten Blutgefässe auf der Schleimhaut. Am besten beweisen es die guten Erfolge bei einer Reihe von Respirationskrankheiten, welche man durch diese Behandlungsweise erzielt.
Ausser den acuten und chronischen Catarrhen sind das Emphysem, der Keuchhusten und besonders die pleuritischen Exsudate die haupsächlichsten Behandlungsobjecte dieser Methode, ebenso sind bei der Anaemie durch die grössere Zufuhr sauerstoffhaltiger Luft und durch den angeregteren Stoffwechsel vielfach günstige Ergebnisse erzielt worden. Die Zahl der in der Anstalt behandelten Kranken belief sich bis zum 1. Mai 1881 auf 602.
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