Gruft 29 - HOWEN

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Bis 1896 Ruhestätte von Emilie Reichenbach-Lessonitz. Die Gruft 29 liegt genau in der Mitte der Gruftenhalle, dort, wo der Mittelweg (am Alten Portal beginnend) am Gruftenweg endet. Es bestanden Planungen, diese Gruft als Durchgang vom Mittelweg zum Israelischen Friedhof zu erweitern, die jedoch nicht verwirklicht wurden. Zum Zeitpunkt der Aufnahme, 2010 keine Ausgestaltung.


Foto rechts: Blick aus der Gruft 29 in den Mittelweg in Richtung Altes Portal

 Bestattungen: Reichenbach - Lessonitz Emilie (13.05.1791 - 12.02.1843) am 24.03.1896 überführt nach Mausoleum F 1
Howen von der, Baronin Dorothea geb. Mirbach - 06.06.1807 - 21.10.1855 (ab 1855 Gruft 15 bis 29.06.1954, dann Gruft 29 )***
Howen von der, Baronesse Maria Anna Juliane - 08.08.1826 - 28.03.1843 (ab 1843 Gruft 15 bis 29.06.1954, dann Gruft 29 )***
Anmerkung ***  

August 2014 meldet sich Otto Freiherr v. Grotthuss, 61476 Kronberg i. Taunus und gibt folgende Informationen zu Korrektur /Ergänzung zu den zwei aufgeführten Personen „von der Howen“:
Mutter: Baronin Dorothea v. der Howen, 6. 6. 1807 geborene Baronesse v. Mirbach, verstorben in Paris Wiesbaden, vermählt am … 9. 1825 mit Baron Ernst Otto Carl Magnus v. der Howen, geboren und gestorben in Kurland. Tochter: Baronesse Maria Anna Juliane v. der Howen, geboren 8. 8. 1826 in Tuckum, Kurland, verstorben 16. 3. 1843 in Frankfurt (!).

(Quelle: Genealogisches Handbuch des Adels, Freiherrliche Häuser, A Band XI, 1979. Zusammenstellung Peter Baron v. der Howen. Seit 1919 ist der Adelstitel nunmehr Teil des Familiennamens.)

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Anmerkung zu
"Baronin Dorothea v. der Howen, 6. 6. 1807 geborene Baronesse v. Mirbach, verstorben in Paris"

Im Juli 2019 meldete sich Herr Baron Peter von der Howen aus München per Post-Brief und bat um Korrektur der Angabe zum Ort des Versterbens von Baronin Dorothea v. der Howen (1807-1855). In einem ihm jetzt vorliegenden Dokument, einer Akte aus dem Stadtarchiv der Stadt Frankfurt am Main, ist der Sterbeort Wiesbaden genannt. Die Angabe "..verstorben in Paris" bittet Herr Baron Peter von der Howen nun zu korrigiern. Die Akte, Nachlassakte aus dem Institut für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main aus dem Jahre 1855 mit der Akten-Nummer 3223, ist in Sütterlin-Schrift verfasst. Eine Transkription (Umschrift) wurde von Herr Baron zur Verfügung gestellt.

Es gibt zwei Stellen im Text, die mit "$" gekennzeichnet sind: Das Zeichen "$" ersetzt nicht eindeutige Textstellen.

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Die Akte
Nachlassakte aus dem Institut für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main
aus dem Jahre 1855, Akten-Nummer 3223

von Hoven, $ Dorothea,
geb. Freiin von Merbach
aus Bauska (Curland)
(Ehemann Otto v. Hoven)
1855

 
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24. Oktober 1855             3223.
An das Stadt=Gericht II

Gehorsamster Obsignations Bericht des Fiskal-Vicars
Den Nachlaß der verstorbenen Dorothea Freifrau von Hoven
geborene Freiin von Merbach hinterl:
Wittwe des verstorb:
Freiherrn Otto von Hoven, wohnhaft zu Bauska in Curland

betrf: Obengenannte
Erblasserin hinterläßt keine bekannten Verwandte.
Dieselbe starb zu Wiesbaden im Herzogthum Nassau.
Herr Friedhofaufseher Johann Gottlieb Schmitz, welcher die An-

 
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Anzeige machte, erklärte, die Leiche der Rubricatin (eingangs Bezeichnete)
solle dahier neben der Leiche der verstorbenen Tochter beigesetzt werden.
Rubricatin habe in Wiesbaden gewohnt, woselbst auch ein Testament sey,
in welchem Herr Götz, Gasthalter zum Nassauischen Hofe,
zum Testamentsexecutor nach Angabe des Kammerdieners der Verstorbenen
Josefle$ Delion bestellt sey.
Dahier befinde sich seines Wissens nur eine Gruft auf dem hiesigen Friedhof,
Nr. 15, welche der Verstorbenen zugeschrieben sey.
Es konnte eine Obsignation (Versiegelung) nicht stattfinden.

Dieses berichtet gehorsamst
Frankfurt, den 24. Octbr. 1855
der Fiskal-Vicarr

Historisches:
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Zerstörungen

Im Frühjahr 1940 trat die Bildhauer- und Steinmetz-Innung zusammen, um auf das neogotische Grabmal der Gruft 29, ein Werk von Johann Nepomuk Zwerger, zu bieten. (Zeichnung links) Doch keines der Mitglieder konnte sich zum Kauf entschließen. So wurde es der Friedhofsverwaltung überlassen, das Grabmal abzuräumen und „nach Belieben zu verwenden“. Die Zerstörung des Grabmals – eines der wenigen, die Zwerger für den Frankfurter Friedhof schuf – war vier Jahre zuvor eingeleitet worden. Man erinnerte sich daran, daß die Gruft seit 1896, als der Sarg der Gräf in Emilie von Reichenbach-Lessonitz in das Mausoleum überführt wurde, leer stand. Die Friedhofskommission hatte sich jedoch gegenüber der „Gräflich von Reichenbach-Lessonitzschen Verwaltung“ verpflichtet, die Gruft weder zu verkaufen noch anderweitig zu verwenden. Eine Bedingung, die der Verwaltung auf die Dauer ein Dorn im Auge war, da sie schon seit längerem das Abräumen von Grabsteinen und den Wiederverkauf förderte. Noch bevor sie mit der Gräflichen Verwaltung Kontakt aufnahm, um das uneingeschränkte Verfügungsrecht zu erhalten – was diese auch gewährte –, war das Schicksal des Grabmals besiegelt.

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Grabakte
  In Erwartung eines lukrativen Wiederverkaufs fand man die übergeordneten Gründe: „Wer eine solche Gruft erwirbt, will etwas Eigenes schaffen als Grabmal (Auch im Interesse des Künstlers) Deshalb wird vorgeschlagen, das Grabmal zu beseitigen.“ Und nach einer gemeinsamen Begehung im Juli 1938 waren etwaige Zweifel auch auf höherer Verwaltungsebene ausgeräumt: „Das an der Gruft 29 stehende Grabmal wird für nicht erhaltenswert erachtet, da es nicht als künstlerisch hochwertig anzusehen ist.“ Nach der erfolglosen Versteigerung und der Zerstörung der Bildhauerarbeit, wartete man umsonst auf einen Käufer. Die Gruft blieb leer. Die Geringschätzung historischer Grabdenkmale hat ihre Wurzeln in der Grabmalreform, die in Frankfurt um 1909 einsetzte und die „schlichte volkstümliche Friedhofskunst wiederbeleben“ sollte. Als „schlicht und volkstümlich“ mißverstand man Grabmäler des Klassizismus, die oft ebenso in Serie gefertigt worden waren wie die sich „seelenlos reihenden schwarzen Grabsteine und nüchternen, weißen Marmorkreuze, oder die herkömmlichen Engelsfigürchen der Kindergräber...“. „Die Schablonenkunst der Friedhofsindustrie“ sollte durch die „hingebende Handwerkskunst vergangener Zeiten verdrängt“ werden. Favorisiert wurden auch schmiedeeiserne Kreuze wie sie „noch heutigen Tages dem Gottesacker stiller Gebirgsdörfer zu poesieumwobener, ernster Schönheit verhelfen“.
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Grabakte
  Einfassungen aus Metall hingegen, die nur den „unwürdigen Eindruck verstärken“ und jedem „feineren Kulturempfinden widersprechen“, durften, laut Beschluß des Friedhofsamtes am 4. Juni 1909, nur ausnahmsweise montiert werden. Mit ähnlichen Argumenten trat man erneut an die Grabinhaber 1937 heran, als „Alteisen im Interesse der Allgemeinheit gesammelt“ wurde. Den Besitzern von Grabstätten mit schadhaften Einfriedungen wurde empfohlen, diese entfernen zu lassen, „da sie nicht mehr der heutigen Auffassung von einer guten und künstlerischen Grabgestaltung entspricht“. Im Jahre 1939 meldete sich die Gauleitung HessenNassau der NSDAP zu Wort: „Wenn wir heute wiederum an Ihren Opfersinn herantreten, so geschieht dies, um die Erfolge unseres Volkes weiterhin sicher zu stellen. Auch hier ist es wieder ein Opfer der Eltern, das ihren Kindern einst zugute kommen wird ... und dass bestimmt der Dahingeschiedene sich selbst in die Reihen der Opfernden eingliedern würde, wenn er noch unter uns wäre“. Eine Welle von Abräumungen folgte, da nicht nur verrostete Einfassungen eingezogen wurden, sondern auch neu errichtete. Betroffen waren auch Blumenkästen aus Zink, Kupfer und Schmiedeeisen. Zu den größten Verlusten zählt die klassizistische Sitzbank, die Schmidt von der Launitz für die Grabstätte „von St. George“ vor mehr als zwei Generationen 1864 entworfen hatte.
Quelle (Text gekürzt)Denkmal Topographie Stadt Frankfurt am Main - Der Frankfurter Hauptfriedhof - Seite 61

 

 

Danke an Herrn Baron Peter von der Howen, München für die freundliche Überlassung der Kopie Nachlassakte aus dem Institut für Stadtgeschichte der Stadt Frankfurt am Main und die tatkräftige Unterstützung. 

 
 
© Fester, 2018